Die Frage, ob das Nahtoderlebnis nicht überwiegend als besondere Form des Traumes gedeutet werden kann, beschäftigt viele Forscher. Dabei vergleichen sie die Schilderungen der Zeugen mit Berichten von Menschen aus aller Welt, die über extrem klare, realistische Träume berichten. Diese sogenannten Klarträume oder luziden Träume zeichnen sich dadurch aus, dass der Schlafende in einem Traum plötzlich Ungereimtheiten feststellt und schließlich zu der Erkenntnis kommt, dass er träumt. Während die meisten Menschen in einer solchen Situation aufwachen ( z.B. aus einem Albtraum), gelingt es einigen wenigen, im Traum zu bleiben In diesem Moment verwandelt sich die Szenerie in eine als unglaublich klar, farbig und dreidimensional geschilderte Bilderwelt. Klarträume sind aber insgesamt subjektiv und haben wenig vergleichbare Bildfolgen. Sie sind ebenso verwirrend und unlogisch wie normale Träume. Im Gegensatz dazu folgen die Nahtoderlebnisse einem bei aller Subjektivität und kulturellen Ausgestaltung doch erkennbar gemeinsamen Muster. Und der Mensch am Rande des Todes ist sich stets sicher, dass er nicht träumt – er kann seinen Zustand ebenso klar von einem Traum unterscheiden wie der luzide Träumer seinen besonderen Zustand von der Realität.
Sicher ist, dass nicht alle Menschen, die von Nahtod-Erlebnissen berichten, wirklich objektiv an der Schwelle des Todes standen. Die subjektive Gewissheit zu sterben scheint als Auslöser der Bildfolge zu genügen. Immer wieder berichten zum Beispiel Unfallopfer, dass sie bereits während des Unfallablaufes Bildsequenzen erlebten – etwa einen ausführlichen Lebensrückblick. Zu diesem Zeitpunkt lagen aber noch keinerlei Verletzungen vor. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, nicht zu überleben. Der berühmteste Bericht dieser Kategorie stammt von dem Schweizer Bergsteiger Prof. Albert Heim. Er schildert im Jahr 1892 seinen Absturz am Säntis. Heim schreibt: "Ich fuhr auf dem Rücken...nach unten über den Fels und flog schließlich noch 20 Meter frei durch die Luft...Was ich in den 5-10 Sekunden gedacht habe, lässt sich in zehnmal mehr Minuten nicht erzählen. Alle...Vorstellungen waren zusammenhängend und sehr klar, keinesfalls traumhaft verwischt...Dann sah ich, wie auf einer Bühne aus einiger Entfernung, mein ganzes vergangenes Leben in zahlreichen Bildern sich abspielen. Ich sah mich selbst als die spielende Hauptperson. Alles war wie verklärt von einem himmlischen Lichte und alles war schön und ohne Schmerz, ohne Angst...Erhabene und versöhnende Gedanken beherrschten und verbanden die Einzelbilder, und eine göttliche Ruhe zog wie herrliche Musik durch meine Seele. Dann hörte ich ein dumpfes Aufschlagen, und mein Sturz war zu Ende."
Berichte wie die von Albert Heim belegen, dass zumindest einzelne Elemente bereits durch subjektive Todesnähe ausgelöst werden können. Ob ein tiefergehendes Erlebnis –etwa der Flug in jenseitige Landschaften und das Treffen mit Verstorbenen und dem Licht– eine objektive, physiologische Todesnähe notwendig machen, ist nicht sicher, aber wahrscheinlich.